Auf dem Weg in die O2 World das Gefühl gehabt, ich fahre zu einem Concert. Seinem Concert. Ganz komisch. Dort angekommen, war die Stimmung komischerweise auch genau so. Überwiegend fröhliche Menschen. Auf allen Monitoren dort im Eingangsbereich dieses Bild (vom dort abfotografiert):
In der Halle zwei gute Plätze ganz vorn bekommen. Niemand vor uns. Der Innenraum gesperrt. Ein Riesenvideowürfel mit Michael drauf. Egal, wo man saß, man hatte die volle Sicht.
Im Innenraum ein Spotlight auf eine weiße Lilie.
Seine Lieblingsblume. Unwirklich, traurig, das Endgültige ankündigend.
Aber auch eine liebevolle Respektsbezeugung. Viel "größer" als irgendetwas Überdimensionales.
Als die Trauerfeier losging, nach der Ansprache des ersten Redners leichte Irritation.Schweigeminute. Es weitete sich über Minuten aus. Aber die Menschen schwiegen. Dann wurde der Sarg hereingetragen. Ein Schock!!!!! Widerstreitende Gefühle: was ist los? Er sollte doch heute vorher beerdigt worden sein? Offensichtlich nicht.. Der King of Pop war unter "uns"...
Denn da diese Übertragung wirklich DIREKT live war, ohne einen TV-Sender-"Mittelsmann" (und auch keine Einblendung von Senderzeichen), hatte man das Gefühl, wirklich dabei zu sein. Der Videowürfel in der O2-Arena fasst 12 Meter Durchmesser.
Wenn man also die menschlichen Nebengeräusche ausblendete und sich ganz auf das konzentrierte, was auf der Leinwand statt fand, dann war man DABEI. Es gab keinen Kommentator, keine Einblendung, es war, als wärst du direkt im Staples Center. Und wusstest also genau so wenig wie alle anderen während dieser Zeremonie, was passieren würde.
Dieser Goldsarg mit den überbordenden roten Blumen darauf war eine Überraschung . Er war doch noch da. Hier. Bei uns.
Irgendwann konnte ich allerdings die Menschen nicht mehr ertragen. Ich gab meiner Tochter ein Zeichen
und sagte, ich müsse weg. Irgendwo nach hinten. Wo keiner mehr hinter mir saß. Wir gaben also unsere komfortablen first class Plätze auf (sie war meiner Meinung!) und suchten uns ein Treppenplätzchen. So wie "Nichtkarteninhaber" ;-) Ich wollte einfach "allein" sein. Die Stimmung war mir allgemein zu ausgelassen, zu kommunikativ. Auf der Treppe fühlte ich mich wohler. (hier mit meiner Tochter rechts im Bild)
Zwei Beiträge heute Abend werde ich nie vergessen: Worte an die Kinder: "Euer Vater war nicht 'strange' (merkwürdig) - strange waren die Dinge, 'he had to deal with' (mit denen er sich auseinander setzen / kämpfen / leben musste)." Und (sinngemäß, krieg's nicht mehr zusammen) - "..ich hoffe, sie lassen Dich jetzt endlich in Ruhe." Bei beiden Kommentaren brandete Applaus in der O2 World auf. Ebenso wie bei dem Satz: "Menschen sind unschuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist." Und er war ein freigesprochener Mann. Es gab auch Ansprachen, bzw. "Brüllereien", bei denen ich eher an Scientology oder andere glorifizierende gottesähnliche Beschwörungsformeln gedacht habe.
Dann wiederum war Michael selbst "präsent"... seine Stimme ertönte.... es wurden zu seinem Gesang, seinem typischen zarten Flüstern, Zitate aus Songs eingeblendet.... und endeten mit "For you're always in my heart".....
Die Rede von Brooke Shields allerdings, offensichtlich eine sehr gute Freundin, war der Gestalt, dass ich ihr jedes Wort abnahm, was sie über diesen Mann, ihren Freund, gesagt hat! Ich habe jedes Wort fühlen können. Jedes Stocken, jedes Brüchige in der Stimme verstanden. Für mich eine der liebevollsten, ehrlichsten und bewegendsten Worte für einen Freund heute Abend. Ich denke, er konnte sich glücklich schätzen, eine solche Freundin zu haben.
Der zweite sehr bewegende Moment war Michael's Lieblingslied "Smile", das Michaels Bruder Jermaine Jackson sang.... Jeder, der's gesehen hat, dem muss ich dazu nichts erklären.
Einfach wundervoll und traumhaft war Usher's "Gone too soon", mit einem letzt
en Gang während des Liedes zu Michael's Sarg. Manches mögen es kitschig nennen. Ich fand es "touching". Ein Abschied.
Bauklötze gestaunt habe ich über den kleinen Jungen, der eigentlich mit auf Michael's Tour gehen sollte (den er selbst ausgesucht hatte), und der meinen Mund offen stehen ließ. Was für ein Talent. Was für eine powervolle hoffnungsträchtige Darbietung! Wahnsinn.
Und dann wurde es warm und wundervoll... "We are the world"..... die O2World stand geschlossen auf. Menschen wiegten sich im Takt. Feuerzeuge erglommen. Auf einmal waren alle wirklich eins. Wir sangen mit. Klatschten im Takt. Michael war da. Und strahlte. Einfach nur aus unseren Herzen. Hört sich kitschig an. Mag ja jeder denken, was er will. Aber ich war da. Hab die Magie gespürt. Im Hintergrund sein leises Lachen und das Grinsen gesehen. Und nahtlos fingen wir an "Heal the world" zu singen, zu swingen, zu klatschen... Mit ihm zusammen. Für einen letzten wertvollen Moment....
Ich habe so etwas absurdes widersprüchliches noch nie erlebt.. Du bist traurig, singst, du strahlst, Deine Arme wiegen weit ausgebreitet im Takt, du klatschst, lachst, und gleichzeitig laufen dir die Tränen über die Wangen. Wie geht sowas? So positiv, so fröhlich und zuversichtlich, und gleichzeitig so wahnsinnig traurig.... Ein unglaublicher Moment. Vereint mit Millionen, wo auch immer auf dieser Welt.... Und du weißt genau, das ist der letzte Moment. Du musst ihn genießen. Er kommt nie wieder. Einfach im Herzen festhalten.
Dann verabschiedet und bedankt sich seine Familie.
Heartbreaking. Gestandene Männer weinen zu sehen, die Stimme brechen zu hören. "Jetzt, Michael... Vielleicht werden sie Dich jetzt in Ruhe lassen."
Und die meine Tränen flossen endgültig, als Michael's kleine Tochter Paris das Wort ergriff. "Von dem Tag an, als ich geboren wurde, war mein Daddy der beste Vater der Welt. Ich liebe Dich so sehr." Sie brach in Tränen aus, dieses kleine arme Ding..... Sie war so tapfer. Es war ihr so wichtig.. Da war ich "durch"..... Und zu Kinderfotos und den letzten Klängen von Michael Jackson - "Man in the mirror" - und dem für ihn typischen "Fingerschnipsen" - mit einem einsamen Mikrofon auf der Bühne, wird sein rosenbedeckter Sarg hinausgetragen....
The King Of Pop is leaving the building.
(Am Ende gab es noch ein sehr schönes Gebet, dass uns in der O2 World leider vorenthalten wurde. Was ich schade finde. Ich bin nicht gläubig, aber was gesagt wurde, konnte ich vollständig bejahen).
80 % der Menschen verließen fluchtartig, lachend, essend, trinkend, und schwatzend den Ort, wo sie noch 1 Minute vorher beisammen gesessen hatten. Ich konnte das nicht. Auf dem Videowürfel nur noch einsam die Kerze.
Ging von meinem selbst gewählten "backstage"Patz aus die ganzen langen Stufen nach unten. Stand dann ganz allein vor dieser Lilie im Scheinwerferlicht, während aus den Boxen Jackson's Lieblingslied (das sein Bruder vorher gesungen hatte) "Smile" in seiner eigenen Version erklang.
Mit mir hockten noch ca. 20% der Zuschauer sehr zerstreut auf ihren Plätzen vereinzelt verteilt in der riesigen O2 Arena. Die erkannte ich als die, die wirklich bewegt waren. Die, die nicht nur wegen des "Spektakels" gekommen waren. Und so machte ich letzte Fotos der stillen Szenerie. Und schaltete schließlich die Videofunktion der Kamera an. Mit Blick auf die Lilie. Einach nur "Smile" hören und die Lilie anschauen... Leider brach das Video kurz vor Ende ab, weil der Speicher voll war. Aber für mich wird dieses Video ein unvergessliches Dokumentmeiner ganz eigenen persönlichen letzten Momente in aller Stille mit dem "King Of Pop" bleiben.
Und musste wieder daran denken, dass ich meine Freikarte für's Berlin-Concert damals meinem Bruder überlassen habe. Irgendwo lungert von ihm noch eine heimliche Aufnahme auf einem damals "revolutionären" Diktiergerät herum. Hab's mir nie geben lassen. Muss mal nachfragen....
Nun, nach einem ganz leisen persönlichen "Farewell, Michael" verließ ich dann die O2 World.......
Fazit: Sicher - eine showträchtige Inszenierung. Aber genau darauf haben doch alle gewartet. Etwas anderes zu behaupten ist lächerlich. Und genauso war doch auch sein Leben. Traurigerweise eine Show. Aber anscheinend gab es Menschen, die ihn anders kannten als wir. Das durften wir heute Abend lernen. Und die Kinder waren zu diesem traurigen Anlass einfach - seine Kinder. Ohne "blankets", unverhüllt. Traurig, präsent, aber seine Kinder. Wer immer auch für ihre Existenz verantwortlich sein mag. Heute wurde deutlich - er war ihr "Daddy".
Auf dem Weg zur S-Bahn "schwebte" als letztes "Goodbye" Michael "über Berlin".....
Ein unvergesslicher Abend........... Rest in peace, Michael.
Manchen ist es vielleicht nicht ganz klar. In dieser nüchternen Welt. Aber wir (zumindest ich) wünsche mir oft, ich hätte Mozart erleben dürfen. Oder Beethoven. Nun lebe ich aber in einer Zeit, in der es Michael Jackson gab. Zyniker werden mich jetzt auslachen. Mir wurscht. Ich weiß, dass ich recht habe. Wenn es mich und Euch schon ganz, ganz lange nicht mehr gibt, und keiner mehr weiß, dass wir überhaupt jemals existiert haben, wird die Welt noch Michael Jackson und seine Musik kennen. Wie immer die Technologie dann auch aussehen mag - er wird dort statt finden. Und die Menschen werden sagen - "Ich hätte gern gelebt, als es Michael Jackson gab. Das muss toll gewesen sein."......... Das war es! Und wir waren dabei! Long live the "Moonwalk"!
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Der Abend sollte dennoch einen lustigen Abschluss nehmen, weil "Frau Hagen" uns offenbarte "Ick glaub ick bin schwanger!" (Ihre Highheels warf sie auch gleich noch von sich!) Ein Witz, aber in ihrer unvergleichlichen Art brachte sie uns zum Lachen. Und es entstand ein Foto mit meiner Tochter, das ich gleich von ihrem Apparat aus abfotografiert habe, weil es vermutlich ewig dauert, bis ich das Original bekomme ;-)
2 comments:
Wow, das hast du toll geschrieben, ist hab gerade fast mehr Gänsehaut als gestern abend.
L.G. Silke
شراء قطعة من إكسسوارات، بلده أصبحت ميمي.
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