Montag, 15. September 2008

[A]vanti, Dilettanti!

Am Sonntag war ich im Renaissance-Theater. Das Stück "Souvenir" von Stephen Temperley wollte ich mir in erster Linie wegen Lars Reichow (Spitzname "Der Klaviator") anschauen. Auf der Bühne einer der zwei Protagonisten. "Der" andere war "Die Nick". Als neugeborener Fan der Nämlichen verließ ich heute Abend das Theater.

In dem Stück geht es um die vermutlich erste Trash-Queen überhaupt, die hoffnungslos talentfreie aber voller Inbrunst schmetternde Opernfregatte Florence Foster Jenkins (* 1868 in Pennsylvania, † 26.11.1944). Auch bekannt als "Murder of the high Cs" (Meuchlerin der hohen Cs).
Ein berühmtes Zitat der "FloFoJen" erklärt wunderbar den Inhalt der Aufführung: „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing. (Die Leute können vielleicht behaupten, dass ich nicht singen kann, aber niemand kann behaupten, dass ich nicht gesungen hätte.)“ - Dies ist auch auf ihrem Grabstein zu lesen. Niemand hört eben, was andere hören. Davon zeugen auch heute in hübscher jährlicher Regelmäßigkeit die Castings für DSDS. Amüsieren wir uns nicht auch hier über die von sich überzeugten Sangeszombies, aus den gleichen Gründen, die damals die selbsternannte Operndiva zu einem Star ihrer Zeit machten?

Und was mich Sonntag Abend zu einem "Fan" der Nick - zumindest in dieser Rolle - gemacht hat, ist die unglaubliche Perfektion, mit der sie jeden falschen Ton absolut präzise auf den Punkt bringt. Sie immitiert nicht die Hauptfigur, gibt sie nie der Lächerlichkeit preis, und im Gegensatz zu der eher "umfangreicheren" Foster Jenkins scheint die Nick einem Glamourmagazin der 20er Jahre entsprungen zu sein. Allein die Anmut ihrer Bewegungen ist ein wahrer Augenschmaus.

Im anschliessenden intimen Publikums-Gespräch mit der Nick und Lars Reichow wird noch deutlicher, dass diese Frau weitaus mehr zu bieten hat, als verspeiste Känguruhoden und T*tten de Luxe (der Titel eines ihrer Soloprogramme). Selbstironisch und überaus intelligent parlierte und parierte sie. Man mag von dieser Frau halten, was man will - ich für meinen Teil werde sie mir gern wieder auf einer Theaterbühne ansehen!

Hier die Premierenkritik (etwas nach unten scrollen, großes PDF)

Und wer Florence Foster Jenkins nicht kennt - hier ein paar O-Töne. Viel Vergnügen ;-)

Sollte es jemand nicht erkannt haben - das war die genüssliche stimmliche Vergewaltigung der "Königin der Nacht" (Mozarts Zauberflöte)

1 comments:

V[ee] hat gesagt…

Sie werden mich nickt in die Körperweltenausstellung bekommen! Nein, nein und nochmals: nein!